„Es muss einfach egal sein welche Geschlechtsidentität eine Person hat und wie weit sie in ein optisches Schema oder eine Geschlechterrolle passt. Jede medizinische oder psychologische Behandlung ist eine persönliche Entscheidung. Deshalb brauchen wir ein Gesetz, dass die Selbstbestimmung von trans*, inter, non-binary garantiert.“, sagt Sophie Rumpel von den Jusos Würzburg. Heute ist der 20. November, der Gedenktag für die Opfer von Transphobie oder auch Transgender Day of Remembrance.
Warum brauchen wir ein Selbstbestimmungsgesetz?
Das Transsexuellen-Gesetz (TSG) stammt aus den 80ern. Es ist nicht nur veraltet, sondern auch diskriminierend. Noch immer wird die Geschlechtsidentität anhand sexistischer Rollenklischees beurteilt.
Um dies zu ändern, soll das TSG durch das Selbstbestimmungsgesetz abgelöst werden. Am 02.11.2020 wurde darüber im Innenausschuss des Bundes beraten. Die Initiativen dazu kamen zwar aus den Fraktionen der Grünen, Linken und FDP, aber auch die SPD hat das Thema im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Im Frühjahr wurde die Novellierung des TSG, die unter anderem von Innenminister Seehofer (und leider auch Katharina Barley) erarbeitet wurde durch großen Protest gestoppt. Nach der Novellierung hätte es für Betroffene nämlich keinerlei Mehrwert gegeben. Die veraltete und konservative Meinung, dass Geschlechtsidentität zwischen den Beinen entsteht, war auch in diesem Entwurf klar zu erkennen.
Das Selbstbestimmungsgesetz soll Menschen, die inter, trans* und non-binary sind, die Möglichkeit geben durch eine einfache Erklärung vor dem Standesamt ihren Geschlechtseintrag zu ändern oder komplett zu streichen. Auch die Namensänderung soll auf selben unbürokratischen Wege funktionieren.
Bisher schreibt das TSG ein Gerichtsverfahren mit zwei psychologischen Gutachten für die Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrages vor. Die Kosten für das Verfahren inklusive Gutachen liegen zwischen 3.000,-- und 5.000,-- Euro.
Eine kleine Auswahl der Fragen und Aufgaben:
- Mindestens ein Jahr vorher muss bereits durch Kleidung des anzugleichenden Geschlechts signalisiert werden, dass der nachhaltige Wunsch einer Angleichung besteht
- Fragen zum Sexleben: Wie häufig masturbieren Sie? An was denken Sie dabei?
- Fragen zu starren Rollenklischees: Mögen Sie Schminke und Mode? Basteln Sie gerne an Autos herum?
Die Erstellung des Gutachtens ist diskriminierend und nicht zielführend. Es muss einfach egal sein welche Geschlechtsidentität eine Person hat und wie weit sie in ein optisches Schema oder die Geschlechterrolle passt. Jede angleichende Maßnahme ist eine persönliche Entscheidung. Mir würde es reichen den Namen und den Geschlechtseintrag offiziell ändern zu lassen. Andere Freund*innen wollten nur angleichende Hormone, wieder andere eine komplette Angleichung. Keine der Möglichkeiten ändert aber etwas an der Geschlechtsidentität. Identität entsteht im Gehirn und nicht zwischen den Beinen.
Als Jusos Würzburg machen wir uns deshalb für ein Selbstbestimmungsgesetz stark, dass inklusiv, modern und frei von Vorurteilen ist.
Erfahrungsbericht:
Nach meinem Outing war ich bei einer Therapeutin, die bekannt für nötige Therapien zur Angleichung ist. Sie ist auch Gutachterin für die Prozesse zur Personenstands- und Namensänderung. In den ersten Stunde kamen noch harmlose Fragen auf: „Wie lange denken Sie schon so?“ „War es während ihrer Kindheit bereits so?“.
Sobald die Therapie aber weiter Fortschritt, wurde es für mich unangenehm. Ich musste jede Charaktereigenschaft und jedes optische Merkmal von mir Begründen: „Warum schauen sie gerne Fußball?“ „Warum kommen Sie mit unrasierten Beinen?“.
Ich habe keine Ahnung warum Fußball nicht weiblich sein soll oder warum es schlimm ist sich nicht die Beine zu rasieren. Es scheint aber offensichtlich gegen mein trans* sein zu sprechen.
Die Therapie habe ich frustriert abgebrochen. Das Gefühl einfach nicht weiblich genug zu sein, hat sich so in mein Gehirn gebrannt, dass ich alles, was in meinem Kleiderschrank auch nur irgendwie feminin war in eine Altkleiderkiste gesteckt habe und sogar aufgehört habe meinen neuen Namen zu verwenden.
Es war wie eine Detransition, obwohl ich das überhaupt nicht wollte.